Flamettis Niederdorf-Varieté 1997
von Jürg
C. Maier nach Hugo Ball
Zum 30-Jahr-Jubiläum schenkten wir uns
eine Uraufführung,
ein Stück extra für uns geschrieben.
Das Stück spielt zur Zeit des
ersten Weltkrieges im Tingeltangel-Milieu des Zürcher Niederdorfes.
Flametti, ein durchtriebener Direktor, Lebenskünstler und Geniesser,
baut
dort sein eigenes Varieté-Ensemble auf, mit viel
Einsatz und Phantasie, aber ohne Geld. Die Truppe nagt am Hungertuch, es
gibt Streitereien, Eifersüchteleien, Stargehabe und keine
oder unregelmässige Gagen. Trotzdem schafft sie den
lokalen, grossen Erfolg mit dem von Flametti ersonnenen Indianertanz.
Hugo Ball, der Autor des Romans,
schrieb Flametti oder vom Dandysmus der Armen, nach seiner Zürcher
Zeit, im Tessin. Ball, der in die Schweiz flüchtete um der Einberufung
zum Militärdienst zu entgehen, und seine Freundin
und spätere Frau Emmy Hennings, arbeiteten in Zürich tatsächlich in
einem Varieté-Ensemble. Sie als Stimmungsmacherin und er als Pianist
und
Stückeschreiber. Maxim hiess das Varieté und der
Prinzipal Ernst Michel nannte sich mit Künstlername Flamingo. Diese
Zeit diente als Vorlage zum Roman. Hugo Ball wurde 1886
im deutschen Pirmasens geboren, studierte
Philosophie und Soziologie und absolvierte 1910 die Schauspielschule Max
Reinhardts. 1913 arbeitet er als Dramaturg in Berlin und München.
Der Ausbruch des Weltkrieges vereitelte den Plan,
gemeinsam mit Kandinsky, das Münchner Künstlertheater in eine
avantgardistische Spielstätte zu verwandeln. 1915 emigrierte er,
zusammen mit Emmy Hennings, nach Zürich. Eine
Mitarbeit an der Zeitschrift Mistral zerschlug sich und so verdienten
die beiden ihren Lebensunterhalt bei Ernst Michel. Nach
einigen Monaten gründeten sie, mit einem Teil des
Ensembles, ihr eigenes, allerdings kurzlebiges Unternehmen Arabella.
Am 5. Februar 1916 eröffneten Ball und Hennings in
der Spiegelgasse ein literarisches Kabinett, in dem
schon wenige Wochen später die Geburtsstunde des Dadaismus schlug. Schon
bald jedoch zogen sich die beiden ins Tessin
zurück, um zu schreiben. Dort verstarb Ball nach
schwerer Krankheit 1927 im Alter von einundvierzig Jahren.
Jürg C. Maier zeichnete als Regisseur
und Autor der Bühnenfassung. Er hat mit uns schon drei tolle und
erfolgreiche Inszenierungen erarbeitet, ist als freier Regisseur am
Berufs- und
Amateurtheater tätig, arbeitet auch als
Schauspieler, Theaterpädagoge und ist mit einem Einmann-Programm aktiv.
Die Stärke von Jürg C. Maier ist es, Amateure behutsam möglichst
nahe an die Grenze ihres spielerischen Potentials zu
führen. Sein Blick für kleine Details und auch den grossen
Handlungsbogen, sowie sein Ideenreichtum und seine Phantasie lassen
immer wieder erfreuliche und überzeugende Resultate
entstehen. Mit der Inszenierung seines Flamettis ging sein grosser
Wunsch in Erfüllung - zu seiner, unserer und des Publikums Freude!
Speziell für diese
Inszenierung wurden zwei Lieder geschrieben. Musik: Emil Moser, Text:
Max Rüeger
|